In der Modewelt kennen wir die verschiedensten Remakes. Alles kommt wieder! Was unsere Eltern vor Jahrzehnten getragen haben, sieht man heute wieder auf den Straßen. Sei es der grüne Öko-Parka der Atom-Bekämpfung aus den 60er Jahren, Dr. Martens als Symbol des politischen Widerstandes für die Arbeiterklasse, Buffalo Plateau Treter als Rave-Nation der Neunziger oder die Safari-Jacke mit aufgenähter Paspeltasche aus den 70er Jahren. Auch in Sachen Beauty kennen wir das große Comeback der Dauerwelle.
Jeder hat sich mindestens einmal die Frage gestellt: „Wieso kommt wann was wieder?“ Die Fragen haben wir uns auch gestellt?! Eigentlich lassen sich diese sowohl aus der Soziologie als auch aus der politischen Bewegung ableiten.
In den letzten Jahren tauchen immer mehr Attribute der Kleidung aus den achtziger Jahren auf. Neben der Dauerwelle, Leggins, Reebok Classics und den Mom-Jeans ist der Blusen-Puffärmel-Trend gerade in den großen Fashionhäusern zu finden. Lang geschnittene Blazer mit Schulterpolstern, Karo-Muster ergeben eine Kombination aus sportlich und schick: die Stoffhose wird mit klobigen Sneakern getragen.
Ein Fortlauf der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts macht sich in den Schränken der Trend-bewussten Menschen breit. Natürlich mischen sich heutzutage die verschiedenen Stile der Jahrzehnte untereinander und werden somit verändert. Doch auch dafür muss es ja Gründe geben, die wir jetzt für euch herausarbeiten.
Die Frauenbewegung ist in sogenannten Wellen eingeteilt und fand bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts statt, als auch in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. In der ersten Welle ging es hauptsächlich um das Frauenwahlrecht, was dann 1918 zum ersten Mal in Deutschland möglich war.
Die zweite Welle war entscheidend für weitere Entwicklung der Gleichberechtigung. Dominiert wurde diese Zeit durch Bücher wie: „Das andere Geschlecht“ der französischen Schriftstellerin Simone de Beauvoir und „Der Weiblichkeitswahn“ der Amerikanerin Betty Friedan von 1963.
„Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht“
Auszüge der Bücher verdeutlichen den gesellschaftlichen Druck, der auf einer Frau gelastet hat. Als Ehefrau musste man dem Ehemann jederzeit sexuell zur Verfügung stehen. Wenn der Herr im Haus seine Frau und Kinder misshandelte, galt dies als Privatsache. Und arbeiten durfte Frau nur mit der Erlaubnis von ihrem Mann. Bezahlt wurde sie nach der „Leichtlohngruppe“. Eine Frau hat bei gleicher Arbeit weniger Geld verdient als der Mann – einfach nur, weil sie eine Frau war.
Schaut man heute auf die diese Zeit, so ist es kaum nachvollziehbar, wie eine junge Frau den Wunsch nach einer Heirat hatte. Das Verlockendste daran war wohl das Geld und die Sicherung der Nachkommen – freier war die Frau ohne den Mann!
Neben Aktionen, in denen Frauen ihre Büstenhalter auf offener Straße angezündet haben, Männern gegen Sexismus in den Po kniffen oder gegen den Paragrafen 218 kämpften, veränderte sich neben der Mode der Frau auch ihr Auftreten gegenüber Männern.
Erst in den Achtziger Jahren fand die Frau zu ihrer wahren Form:
Zur äußerliche Demonstration des Widerstandes fing die Frau an Hosen zu tragen. Aber nicht nur das, auch gerade geschnittene Hemden, breite Blazer mit Schulterpolstern und Stiefeletten. Dieses Aussparen von körperlicher Betonung kommt dem Wunsch nach Gleichberechtigung nah. Die Kleidung sollte dabei helfen, nicht auf die typischen weiblichen Attribute reduziert zu werden. Mit diesem Aussehen schaffte die Frau ein klares Statement Richtung Patriarchat.
Was das alles mit heute zu tun hat?
Durch die #MeToo Kampagne haben sich in Sachen Frauenbewegung auch in den 10er Jahren des 21. Jahrhunderts viele Tabu-Themen ein Ohr verschafft. Nicht nur sexuelle Nötigung wird jetzt öffentlich diskutiert, auch die Thematik rund um die weibliche Periode wird endlich nicht mehr tot geschwiegen. Fragt sich eher, wieso es bisher überhaupt als „unangenehm“ oder „ekelig“ bewertet wurde, denn eigentlich ist es doch genau das, was Männer von Frauen wollen – Gebärfähigkeit.
Die neue Welle der Frauenbewegung wurde durch sexuelle Übergriffe, mutige Gerichtsverhandlungen, öffentliche Kommunikation, Frauenquoten-Diskussion, weibliche Führungskräfte, erneute Bekämpfung der verurteilenden Abtreibung und Jahrzehnte langer Unterdrückung losgetreten.
Die innere Wut, der Wille zum Kampf, die Visionen von Gleichberechtigung kehren aus der Vergangenheit zurück. Auch heute will die Frau sich nicht mehr unterdrücken lassen, nicht mehr als „schwächer“ oder „kleiner“ gelten. Sie will den Mut der Frauen von damals als auch den Aktionismus für heute nutzen ihre Position gegenüber dem Patriarchat in jeglichen Formen auszuleben – so auch in der Kleidung – inspiriert von den ersten Erfolgen der Achtziger Jahre.