Früher war es ganz normal auf die Straße zu gehen und seine Meinung zu äußern – für seine Rechte zu kämpfen! Seien es Aufstände gegen die kommunistische Führung im Osten Deutschlands 1989, die Frauen vor 100 Jahren, die das Stimmrecht für ihr Geschlecht forderten oder noch wesentlich älter, die Französische Revolution (1789-1799) mit dem politischen Motto: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Durch die Zeit der Digitalisierung und Globalisierung war es nicht mehr üblich auf die Straße zu gehen. Die Generation Y schlägt die Brücke zwischen dem „auf-die-Straße-gehen“ und Online Demonstrationen. Zum einen gab es Kunstformen wie Graffiti, die Bewegung in das politische Denken brachten, zum anderen gab es das Internet, was die Jugend nutzte, um sich mitzuteilen. Innerhalb der letzten dreißig Jahre haben sich politische Statements also geändert, um nun wieder zum Ursprung der Revolte zurück zu kehren.
Chatforen, soziale Plattformen, virtuelle Communities
Das Internet war eine spannende Revolution, die es zu erforschen galt. Die Gesellschaft wurde ruhiger, das Internet lauter. Die aus dem World Wide Web resultierenden sozialen Netzwerke wurden zu Plattformen des Protests. Mit dieser gesellschaftlichen Veränderung lernte die damalige Jugend (heutige Mid 30er), ihren Frust anders loszuwerden. Es bildeten sich Gruppen auf Studi-VZ oder später Facebook. Man konnte durch die Funktion des Folgens politischen Organisationen beitreten, mit dem Tool des „Sharings/ Teilen“ oder dem „Gefällt Mir-Button“ seine Position beziehen. Es war nicht mehr nötig, öffentliche Diskussionen von Angesicht zu Angesicht zu führen, geschweige denn auf die Straße zu gehen. Online Medien wurden lediglich genutzt, um zu kommunizieren, aber das Handeln blieb für lange Zeit aus. Über eine Online Petition ging die Bewegung nicht hinaus!
Musikalische Proteste
Natürlich gab es schon immer in der Musik politischen „Klagen-Gesang“, doch jedes Zeitalter hat dabei seine eigene Form. Die Globalisierung brachte aus Amerika die Stilrichtung und Subkultur Hip Hop, Rap nach Deutschland. Im Rap lagen viel Frust und Aggressionen. Die Texte kritisierten die aktuelle Politik, forderten Veränderungen und riefen zum Boykott auf – natürlich auch heute noch. Vor Allem zusammen mit einem weiteren Teil der Subkultur, dem Graffiti.
Graffiti als öffentliches Statement und Protest
Für viele ist Graffiti nur „Geschmiere“ an den Wänden oder gar Vandalismus, doch eigentlich ist es eine Revolte gegen bestehende Konventionen. Wenn auch die ersten Straßenkünste und Schriftzüge bereits mehrere Jahrhunderte zurückzuführen sind, tauchte das heutige Verständnis von Graffiti im 21. Jahrhundert unter Fußball-Fans und deren traditionellen Ultra-Gemeinden auf. Bei Auswärtsspielen mussten sie sich visuell verewigen und zeigen, dass sie mit dabei waren – die Unterstützer ihres Teams. Aber auch andere Bilder tauchten nach und nach auf. Statements für Musiker, Zeichen zum Frieden und Kürzel zur politischen Positionierung. Straßenkunst verbindet!
Einer der wohl bekanntesten Straßenkünstler ist Banksy, der bis heute nicht als Privatperson bekannt ist. Seine Bilder sowie seine Aktionen sind immer ein Affront gegen die Gesellschaft. Er will Wachrütteln und Aufmerksamkeit erregen. Erst kürzlich hat er eines seiner Bilder bei einer Kunstauktion vor aller Augen Schreddern lassen. Bis heute ist unklar, wie er das geschafft hat.
Eins kam zum anderen
Widmet man sich nun noch einmal der Vergangenheit, so wirkt die Zeit in den 90er und 00er Jahren relativ ruhig. Natürlich erinnert man sich an vereinzelte Ausschreitungen, doch viele Proteste fanden im Internet statt. Eine Form war die Online Demonstrationen, die Webseiten großer Unternehmen lahmlegten.
2008 gab es durch die Lehman Brothers den großen Crash an der Börse. Daraufhin hat sich die Occupy Bewegung gegründet. Für viele 90er Kids war es das erste Mal, dass sie mit derartigen Besetzungen oder Demonstrationen in Berührung kamen…
Parallel zu der Occupy Bewegung gab es die Frauen-Kämpfe von Pussy Riot, die barbusig auf Ungerechtigkeiten und Missstände aufmerksam machten. Auch Demos in arabischen Ländern, gar eine ganze Revolution der religiösen Traditionen fanden auf Grund der vorangegangenen Kriege mit Amerika statt. Junge Menschen kämpften für ihre Freiheit und sehnten sich nach einem friedvollen Leben, wie zum Beispiel in Europa. Auch hier gab es wieder Gegenbewegungen, denn die Flüchtlinge kamen, Pegida bildete sich. Der schwarze Block reformierte sich gegen den Rechtsruck; Trump, Erdogan, Le Pen und die AFD. Immer mehr Gründe führten dazu, nicht mehr nur online Wind zu machen, sondern die Politik zum Handeln zu bewegen. Das ging nur auf der Straße!
Neben den Auswirkungen von Greta Thunbergs Schulstreik gibt es weltweit immer mehr Widerstand gegen Muster, Traditionen oder Ungerechtigkeiten. Schauen wir zu den Menschen, die sich in die Bäume ketten, um den Hambacher Forst zu schützen! Die Aktivisten, die nachts am Times Square übernachten, um Obdachlosen eine Stimme zu geben! Oder die Proteste in Hong Kong gegen die autoritäre Volksrepublik China! Aufstände und Bewegungen sind normal geworden. Die Weltbevölkerung hat ihre Stimme wiedergefunden.
Internet als Grund zur Demonstration
Nach und nach bauen sich die Ereignisse aufeinander auf. Was vorübergehend wirkte, findet im nächsten Protest seine Stimme. Auch die im Internet gestartete Kampagne #Metoo zeigt ihren Tribut in der echten Welt durch riesige Flashmobs in den Metropolen der Welt. Auch ruhige, künstlerische Aktionen wie der Protest über die Zensur von weiblichen Brustwarzen auf Instagram und Facebook startete online und finden sich auf der Straße wieder.
Wie zwar einerseits zu erwarten, aber andererseits überraschend, schafft das Internet Gründe der Unzufriedenheit und des Aufschreis. Neben Mobbing, Zensur und Missbrauch hat der Datenschutz zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die User und Mitglieder der sozialen Netzwerke fühlen sich unwohl und unsicher, weiterhin online ihre Meinung zu äußern, Stellung zu beziehen oder Aktionismus zu wagen. Die unbeschwerte Freiheit des World Wide Webs steckt in einer großen Veränderung.
Wir Menschen haben zu unserem Organ, die Stimme des Volkes zu sein, zurückgefunden. Eine Tat zählt mehr als tausend Worte. Wir können online wachrütteln, Diskussionen führen und uns austauschen, doch nichts davon wird den Gang auf die Straße und die Konsequenz einer organisierten Demonstration ersetzen.