Start Allgemein Impulse durch Corona – mit Coaching und Methodik durch die Krise

Impulse durch Corona – mit Coaching und Methodik durch die Krise

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Impulse durch Corona – mit Coaching und Methodik durch die Krise

Erst kürzlich unterhielt ich mich mit meinem Sohn über die Veränderungen, die dieses neue Virus mit sich brachte. Damals – 2020 – war er noch klein – so etwa 4 Jahre alt. Heute, im Jahr 2030, ist er 15, und muss er für seine Online-Schule ein Referat über Strategien zum Umgang mit Veränderungen schreiben.

Auch wenn die Corona-Krise nun schon mehr als 10 Jahre her ist, so erinnere ich mich noch gut daran: Ich war beruflich in China, als die Geschichte losging. Meine Frau hatte Schwierigkeiten auszureisen und wir waren froh, als alle endlich wieder zuhause waren. Doch dann ging das Chaos in der Welt erst richtig los: Millionen Ansteckungen in der ersten Welle und Hunderttausende von Toten. Einige Zeit später die zweite Welle. Irgendwann mutierte das Virus, und die Herstellung des Impfstoffes wurde schwieriger. Heute sind die meisten geimpft und ohne einen entsprechenden Nachweis ist das Reisen fast unmöglich.

Das Virus und der Kampf gegen die Pandemie haben viele Veränderungen mit sich gebracht: wie man innerhalb der Gesellschaft miteinander umgeht, wie wir Technik einsetzen, aber auch in der Politik, im Gesundheitswesen und überhaupt in der ganzen Industrie. Ich erzählte meinem Sohn, wie viele Unternehmen in den Folgejahren pleitegingen. Diejenigen, die sich an ihren alten Strukturen festklammerten, traf es am härtesten. Ganze Märkte, brachen über Nacht weg und die Staatsverschuldung stieg dramatisch an. Dann die Inflation. Nachdem in einem ersten Schritt zahllose Mitarbeiter gekündigt wurden, gelang es vielen Unternehmen danach nicht mehr, wieder Fuß zu fassen oder sich nachhaltig auf die eingetretenen Veränderungen einzustellen. Es waren wirklich raue Zeiten.

Natürlich beschäftigte meinen Sohn die Frage, was die erfolgreichen Organisationen damals taten und was die anderen versäumten. Ich erklärte ihm, dass eine Reihe von Unternehmen von der Krise sogar profitierten: IT, Online-Business, Logistik und weitere; hier stiegen Bedarfe. Andere mussten sich hingegen komplett neu erfinden. Während viele Unternehmen als Reaktion auf die Pandemie Überlegungen anstellten, wie sie Remote-Work erfolgreich etablieren konnten – etwas, das heute seit vielen Jahren selbstverständlich ist – war die wirklich große Frage, wie jeder seine Stärken in dem völlig veränderten Umfeld am besten einbringen könnte.

“Dann gab es also zwei große Aufgabengebiete für erfolgreiche Veränderungen durch die Krise?” fragte mein Sohn.

“Ja, wenn Du so willst“, sagte ich. „Da war zum einen der Aufbau effektiver Managementstrukturen in einer Remote-Work-Arbeitsumgebung – etwas das heute zu den Grundlagen jeder erfolgreichen Unternehmensführung gehört. Und da war vor allem die Neuorientierung im veränderten Kontext. Die grundlegende Basis effektiver Führung hat sich vor und nach der Krise nicht geändert, jedoch war es notwendig, diese Grundlagen weiter zu entwickeln und an die veränderte Situation anzupassen. Menschen sind soziale Wesen, sie benötigen Interaktion und Feedback. Unternehmen, die einfach nur wöchentliche Online-Meetings abhielten, blieben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der regelmäßige Check-In und auch die Einsicht, informelle Meetings wie den gemeinsamen “virtuellen Kaffee” oder das “virtuelle Mittagessen” einzuführen, halfen, die Interaktion aufrecht zu halten und die Kreativität zu fördern.

Als ich damals mein Team über mehrere Länder hinweg führte, gehörte nicht nur der wöchentliche “informelle Kaffee” dazu, sondern auch das tägliche Check-in über Skype und natürlich die wöchentlichen remote-geführten “One-on-Ones”. Die Online-Tools erlaube eine Art virtuelle open-door-policy, die einen schnellen Austausch an Informationen bat. Hierdurch konnten wir sehr effektiv miteinander arbeiten, auch ohne physisch am gleichen Ort zu sein.“

“Aber warum fiel es so vielen Managern dann so schwer, ihre Strukturen anzupassen?” fragte mein Sohn.

“Nun,” entgegnete ich “die Krise hat wie durch ein Brennglas aufgezeigt, woran es oftmals bereits im Vorfeld haperte. Viele Defizite wurden durch die persönlichen Beziehungen der Mitarbeiter untereinander aufgefangen. Mit dem verordneten Homeoffice und den physischen Kontaktbeschränkungen wurden Mängel, wie z.B. eine gesunde Feedback-Kultur und eine fehlende offene Gesprächsatmosphäre, offensichtlich. Dabei spielte die Auswahl der Werkzeuge für den Aufbau und die gezielte Weiterentwicklung der digitalen Kommunikation (also ob Skype, Zoom, Teams, WebEx etc.) gar nicht mal die entscheidende Rolle. Wichtig allein war, dass man es überhaupt tat. Vielen Unternehmen half hierbei auch ein “formeller Kommunikationsplan

“Du hast gesagt, die wesentlichere Herausforderung war Neuorientierung und das Anpassen an die veränderte Situation – warum?”

Hier hat uns die Neurowissenschaft viele Erkenntnisse geliefert: Die Notwendigkeit, seine persönliche Komfortzone zu verlassen, ist für die meisten Menschen schon fundamental schwierig, selbst wenn sich das äußere Umfeld nicht ändert. Aber nur so können wir lernen und uns weiterentwickeln. „Komfortzone?“ fragte mein Sohn. „Der Bereich, in dem wir unsere Abläufe unter Kontrolle haben, dort wo wir uns wohl fühlen. Veränderung und das Erlernen neuer Fertigkeiten und Fähigkeiten findet jedoch immer außerhalb der Komfortzone statt. Unser Gehirn bevorzugt einfache Wege. Viele Studien haben gezeigt, dass die Energie, die wir für das Treffen von Entscheidungen benötigen, begrenzt ist. Nun waren wir in der Corona Krise gezwungen, deutlich mehr Entscheidungen zu treffen und das auch noch in kürzerer Zeit. Hinzu kommt, dass bestehende Unsicherheit oder gar Ängste einen direkten Einfluss auf die Fähigkeit des Menschen hat, dies zu tun. Entscheidungen werden somit schlechter und wir haben zusätzlich weniger Energie, weitere treffen zu können.“

„Wie haben die Manager denn dann Entscheidungen getroffen?“

Ich musste schmunzeln, als er das sagte. Denn nicht selten wurden überhaupt keine Entscheidungen getroffen, sondern man aus Angst vor der damit verbundenen Angreifbarkeit ließen die verantwortlichen Manager den Dingen ihren Lauf. Oder sie griffen auf ein uraltes Standardverfahren der Kostensenkung zurück, indem sie in großem Umfang Mitarbeiter entließen und Verträge kündigte. Das machte mehr den Eindruck von Panik und Aktionismus als von wohlüberlegten Entscheidungen. Aus neurowissenschaftlicher Sicht war diese Vorgehensweise aber absolut nachvollziehbar.

„Was waren denn dann die erfolgreichen Konzepte?“, fragte mein Sohn.

„Es gab sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Eine Reihe von Unternehmen holten sich externe Berater ins Haus, andere versuchten, ihre Probleme selbst in den Griff zu bekommen. Nur gab es keine Musterantworten mit praktikablen Lösungen, da niemand vorher eine solche Situation zu bestehen hatte. Auf welcher Basis manch hoch dotierter Berater hier seine Empfehlungen abgab, kann ich nicht sagen. Wichtig war es in jedem Fall, sich der bestehenden Optionen bewusst zu werden, die am besten geeigneten zu identifizieren und dann letztendlich aktiv umzusetzen. Bewährte Methoden hierzu sind z.B. die Eisenhower Matrix oder GTD-(Getting Things Done) Ansätze, auch ein Griff in den „agilen Werkzeugkasten“ kann hier sehr gut weiterhelfen.

Hierbei darf aber auch ein Faktor in keinem Fall übersehen werden: Die Entscheidungsträger standen oft allein da bei der Auswahl und Umsetzung probater Optionen – Es gibt kaum jemanden, mit dem man die Lösungen besprechen kann und wenn, dann haben die Beteiligten viele unterschiedliche Interessen. Es gibt keine Neutralität und noch weniger Sicherheiten, Optionen durchzuspielen. Von Chefs wurde ja erwartet, dass sie funktionieren. Viele haben in solchen Zusammenhängen gute Erfahrungen mit professionellen Business Coaches gemacht.“

„Aber wie kann denn ein Business Coach helfen?“

„Der Coach befindet sich in einer besonderen Rolle, weil er weder mit dem Unternehmen seines Klienten verbunden ist, noch eine bestimmte Strategie oder ein spezielles Produkt verkauft. Ein Coach hat lediglich die Aufgabe, seinen Klienten bei seinen Vorhaben zu unterstützen, und dafür zu sorgen, dass er möglichst effektiv ans Ziel kommt. Diese Neutralität ist ein Vorteil gegenüber Beratern, Kollegen oder auch der eigenen Familie. Der Coach hat eine Verschwiegenheitspflicht und unterstützt durch spezielle Fragestellungen, Reflektionen, Feedback oder auch Brainstormings. Insbesondere aber hält ein Coach seinen Klienten in der Verantwortung, und hilft ihm, dieser gerecht zu werden. Aktionspläne, Check-Ins, Vereinbarungen und Follow-Ups sind Beispiele hierfür. Ausgehend von den USA nutzen daher heute nahezu alle Top Manager persönliche Coaches, die nicht selten sogar Business-fremd sind. In diesen Jahren konnte ich als Coach für Manager, Geschäftsführer und andere Führungskräfte, aber auch mit Spezialisten im Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz und anderen Bereichen zusammenarbeiten und sie auf ihrem Weg unterstützen.“

„Und was machen diejenigen, die keinen geeigneten Coach finden oder haben, um sich an die neue Situation anzupassen?“

„Das effektivste Tool, das ich mit meinen Klienten verwendete – das man auch gut selber für sich anwenden kann –  ist die alt-bewährte S.W.O.T.-Matrix. Hier werden in 4 Quadranten die eigenen Stärken (Strenghts) und Schwächen (Weaknesses) formuliert. Daneben die bestehenden Möglichkeiten/Chancen (Opportunities), aber auch Bedrohungen (Threats) auf Seiten des Marktes oder des Umfelds. Stellt man die eigenen Stärken in den Kontext der Chancen und Risiken, so können sich – bezogen auf die Möglichkeiten im Markt – ganz neue Perspektiven und Handlungsoptionen ergeben.

Zusätzlich nutzte ich auch ein s.g. Business Wheel, um die Ist-Situation zu analysieren, Maßnahmen abzuleiten und Verbesserungen nachzuhalten. Ich erinnere mich gut an die Coaching-Sessions mit verschiedenen Klienten, in denen es genau um Frage der Anpassung an Veränderungen ging. Ein Klient fühlte sich beispielsweise wie ein Tischler, dem aufgrund der Corona-Krise kein Holz mehr zum Arbeiten zur Verfügung stand. Bleiben wir bei diesem Bild, denn im Coaching nutzt man oft Metaphern, um das Problem weiter zu analysieren: Nun hatte er zwar kein Holz mehr zur Verfügung, seine Kompetenzen über Werkstoffe und deren Bearbeitung besaß er jedoch nach wie vor. Also ging es jetzt darum, genau dies auf die neue Situation umzumünzen. Es bedurfte in seinem Fall also vielleicht einiger Anpassungen im Umfeld, seine Fachkompetenz war jedoch immer noch vorhanden. Wenn wir bei der Metapher bleiben, so könnte das bedeuten die Suche nach neuen Werkstoffen oder die Anpassung einiger Werkzeuge.

Ein anderer Klient veranstaltete sehr erfolgreich Kommunikationstrainings. Alle seine Trainings fanden persönlich und vor Ort beim Kunden statt. Im Rahmen des Coachings erarbeitete er einen neuen Plan, wie er sein Business digitalisieren und online präsent sein konnte. Sein Wissen über Kommunikation und Erwachsenenbildung war unschlagbar, und so fand er seine eigene neue Nische und bestand erfolgreich in der neuen Situation.

Ein drittes Unternehmen hatte krisenbedingt weniger Aufträge und investierte die nun freigewordene Zeit in die Weiterentwicklung der Kompetenzen innerhalb seiner Belegschaft. Hier setzte sich schnell die Ansicht durch, dass unmittelbar nach der Krise schnell wieder hochqualifizierte Mitarbeiter mit veränderter und neuer Expertise benötigt würden. Grundlage für die Identifikation von geeigneten Themen für die entsprechenden Weiterbildungen war ebenfalls eine SWOT-Analyse, die von einem Gremium aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen durchgeführt wurde. Dieses Unternehmen ist heute Innovationsführer seiner Branche und mein Sohn könnte sich seine Freizeit ohne dessen Produkte nur schwerlich vorstellen. Das alles war nicht völlig neu: Toyota hatte bereits vor der Jahrtausendwende den „Toyota-Way“ gelebt. In Anbetracht von Krisen um vermeintliche Fahrzeugfehler und wegbrechende Umsätze wurden bewusst Entscheidungen für die Weiterentwicklung und Qualifikation und gegen Massenentlassungen getroffen. Es wurde weiterhin gezielt in das Coaching von Fach- und Führungskräften investiert – eine Entscheidung im wirklichen Einklang mit den Unternehmenswerten. Als der Markt sich erholte, war Toyota hervorragend aufgestellt und eroberte die Marktführerschaft.

„Aber zeigt gerade das letzte Beispiel nicht auch, dass all diese Methoden und Techniken nichts weiter sind als alter Wein in neuen Schläuchen?“

Nun musste ich wirklich laut lachen! Wo mein Sohn jetzt im Jahr 2030 wohl diese uralte Metapher her hatte? „Da hast Du gar nicht so ganz Unrecht!“, antwortete ich. „Wir Menschen haben uns schließlich in den vergangenen zehntausenden von Jahren evolutionsbiologisch auch nicht wesentlich verändert. Unser Handeln wird nach wie vor viel stärker von Emotionen und Gefühlen geprägt, als wie es uns manchmal selbst zugestehen wollen. Und wir machen alle immer noch Fehler, aus denen wir aber hoffentlich etwas lernen. Das zeigt nur umso mehr, wie wichtig Feedback, Offenheit, Transparenz, Kooperationsbereitschaft und andere Werte für unsere Entwicklung sind. Lass uns darüber beim nächsten Mal weitersprechen! Nun bin ich erstmal sehr gespannt auf dein Referat…“

Zum Autor: Christopher Spalek war zwischen 2004 und 2017 als EHS-Manager in unterschiedlichen nationalen, regionalen und globalen Rollen mit Standorten und Projekten in Asien/Pazifik, Europa, Nord- und Südamerika, dem mittleren Osten und Afrika tätig, davon zwei Jahre als Expatriate in Thailand. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildete das Management internationaler Teams und die Entwicklung und Implementierung von EHS-Strategien, die Adaptierung und Einführung von verhaltensbasierten Arbeitsschutzsystemen (BBS) und der Aufbau globaler Trainingskonzepte incl. E-Trainings, u.a. für Firmen wie 3M, SIG combibloc, SGS und Klöckner Pentaplast. Seit 2018 arbeitet C. Spalek als freiberuflicher Coach, Trainer, Auditor und Berater.

Material zu den im Text fett gedruckten Instrumenten können Sie unter www.people-safety-solutions.com/downloads herunterladen.

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