Sonntag, Mai 31, 2020
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    Reine Panikmache! Oder? Was ein Gefahrtiergesetz in NRW bedeuten würde

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    Nordrhein-Westfalen gilt als El Dorado der Gifttierhalter: im Vergleich zu Berlin oder Hessen, wo beispielsweise eine Ausnahmegenehmigung für die Haltung in Privaträumen eingeholt werden muss, gelten hier vergleichsweise lasche Regeln. Nachdem allerdings im September 2019 eine hochgiftige Monokelkobra in Herne ihrem Halter entwischte und fünf Tage lang vier Mehrfamilienhäuser in Atem hielt, wurden die Schreie nach einer Veränderung laut. Obwohl in Deutschland bisher nie Unbeteiligte durch die Haltung von Giftschlangen verletzt oder sogar getötet wurden.

    Lukas hält seit Jahren auch giftige Tiere und wäre als Halter demnach auch von einem Gesetz betroffen. Für diesen Artikel durfte trendspot ihm einige Fragen stellen.

    trendspot: Seit wann hältst du schon Tiere die „meldepflichtig“ sind und wie viele hast du aktuell? Was muss man als Halter vorlegen oder nachweisen, um diese Tiere besitzen zu dürfen?

    Lukas: Meine ersten “Meldepflichtigen” Tiere waren nach Anhang B geschützte Vogelspinnen, namentlich unter der Gattung Brachypelma bekannt. Das war vor etwa 12 Jahren. Entsprechende Kontrollen durch Veterinäre gab es nicht. Der Handel mit diesen Arten ist nur durch die Weitergabe einer Kopie des Herkunftsnachweises erlaubt. Eine Anmeldung der Tiere beim zuständigen Veterinär war zu diesem Zeitpunkt nicht nötig. Aktuell befinden sich mehrere nach Anhang B geschützte Tierarten in meiner Haltung.

    trendspot: Seit dem Vorfall in Herne ist ein Gesetz für ein Gefahrtierverbot im Gespräch. Was bedeutet das für dich und deine Tiere?

    Lukas: Die Verabschiedung des Gesetzes im Umfang des aktuellen Entwurfs bedeutet für mich und andere Halter, dass die Haltung von sogenannten “Gefahrtieren” mit erheblichen Auflagen belegt wird. Tiere, die durch die Liste abgedeckt sind, müssen angemeldet werden. Außerdem muss der Nachweis über eine bestehende Haftpflichtversicherung vorgelegt werden, die die Kosten von möglicherweise verursachten (Personen-)Schäden durch die Tiere abdeckt. Des Weiteren dürfen keine neuen Tiere in den Bestand aufgenommen werden. **

    trendspot: Zum Glück ist der Zwischenfall in Herne glimpflich ausgegangen, hast du schon gefährliche Situationen im Umgang mit deinen Haustieren erlebt?

    Lukas: Nein, trotz mehrjähriger Haltung von teilweise sehr großen Giftschlangen gab es noch nie eine Situation, in der ich mich einer Gefahr ausgesetzt gefühlt habe. Erfahrung und Einschätzung der Situation, das Erkennen gewisser Verhaltensmuster und das stete Einhalten von Sicherheitsabständen, entsprechende Werkzeuge und Verantwortung, schließen einen Unfall mit extremer Wahrscheinlichkeit aus. Von einem Goldhamster wurde ich allerdings bereits gebissen.

    Artenschutz und ungeklärte Fragen

    trendspot: Du hältst bewusst auch Arten, die in ihrer Heimat vom Aussterben bedroht sind – würde das Gefahrtierverbot eine Haltung im Rahmen des Artenschutzes noch zulassen?

    Lukas: Natürlich, da der Bestandsschutz Teil des Gefahrtierverbots ist, darf ich die vom Aussterben bedrohten Arten weiterhin halten. Vom Aussterben bedrohte Tiere dürfen auch weiterhin vermehrt werden, sofern sich die entsprechenden Arten vor dem Inkrafttreten des Gesetzes im Bestand befinden. Es bleiben Fragen offen wie: Fallen eigene Nachzuchten unter „Neuzugänge“? Wer will mir vorschreiben, wann ich einen Wurf verkauft haben muss, damit dieser nicht als eigener Neuzugang gilt? Was passiert, wenn ich auf Nachzuchten sitzen bleibe? Sind das dann unerlaubte Neuzugänge und ich rutsche unverschuldet in die Illegalität?

    trendspot: Was passiert mit den Tieren, die aus privaten Haushalten geholt werden müssen, wenn ihre Haltung verboten wird?

    Lukas: Das Gesetz sieht vor, dass die gelisteten Gefahrtiere, welche sich in der Obhut jener Halter befinden, die nicht alle Auflagen erfüllen können, diesen zwanghaft entzogen und in Auffangstationen gebracht werden. Natürlich gibt es dafür nicht genügend Auffangstationen, das Personal ist nicht geschult und die finanzielle Belastung wird auf den Steuerzahler abgewälzt. Eigentlich ein netter Trick: Die CDU und die Grünen bekommen mediale Aufmerksamkeit und erfinden eine Gefahr und lässt diese Wahlkampagne durch den Steuerzahler finanzieren. Unter dem Deckmantel eines Bevölkerungsschutzes, den niemand braucht und nach dem niemand gefragt hat.

    trendspot: Was rätst du Reptilienhaltern, die meldepflichtige Tiere besitzen, um sich bestmöglich abzusichern?

    Lukas: Viele Tipps gibt es da nicht – Wenn man die Auflagen erfüllt, darf man seine Tiere behalten. Ich möchte allerdings noch dazu aufrufen, die entsprechenden Politiker mit Mails zu bombardieren, in denen vernünftige Argumente gegen das Gefahrtiergesetz nach aktuellem Entwurf gebracht werden. In höflichem Ton, versteht sich.

    ** Bestimmte geschützte Arten unterliegen der Anmeldepflicht bei den zuständigen Behörden. Um eine Giftschlange rechtmäßig halten zu dürfen, muss der Halter volljährig sein, andere Auflagen gibt es nicht. Behörden können die Haltung allerdings verbieten, wenn sie nicht sicher oder artgerecht ist, wobei diese Einschätzung bei den überprüfenden Mitarbeitern liegt, auch hier gibt es keine konkreten Regelungen.

    Carolin Annuscheit
    Carolin Annuscheit
    Slam Poetin / Horror Movie Addict / Mental Health Warrior

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