Samstag, Mai 30, 2020
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    Kauf mich! Ein Interview mit Jasmin

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    Es ist als das älteste Gewerbe der Welt bekannt: Sexarbeit. In den meisten Köpfen erscheinen bei diesem Wort Bilder von entweder minderjährigen Mädchen, die als Prostituierte versklavt werden oder aber von Drogensüchtigen, die sich so ihren Konsum finanzieren. Dass manche Frauen diesen Job aus freien Stücken machen, ist für viele unverständlich. Jasmin ist 20 Jahre alt und twittert auf ihrem Account @DichJasmin sowohl humorvoll als auch ehrlich und informativ über ihre Arbeit. Wir vom trendspot magazin durften ihr ein paar Fragen stellen.

    trendspot: Seit wann bist du Sexarbeiterin und wie kamst du dazu?

    Jasmin: Anfang 2019 habe ich zuerst neben der Schule gearbeitet und seit dem Abi Vollzeit. Dazu gekommen bin ich eher zufällig. Ich bin ein sexuell offener Mensch und hatte schon vorher regelmäßige One-Night-Stands. Einmal hat mir jemand, den ich nicht schlecht fand, Geld angeboten und nach etwas Zögern habe ich es mal ausprobiert. Wider Erwarten war das nicht viel anders als sonst auch und deshalb wurde es dann häufiger.

    trendspot: Ist es für dich nur ein Job oder hast du auch Spaß an den sexuellen Erfahrungen (mit Kunden)?

    Jasmin: Es ist eine sehr intime Sache, ein Job wie jeder andere ist es deshalb wohl für niemanden. Aber auch nichts, wozu ich mich zwingen müsste, denn dann würde ich sofort aufhören. Ich mag es und habe natürlich auch ein, zwei Lieblingskunden, auf die ich mich dann besonders freue. Umgekehrt gibt es Unsympathen, bei denen es mehr Job als Spaß ist. Wenn es gar nicht passt, dann sage ich es klar und breche das Treffen ab. Das ist aber selten.

    Der Straßenbahn-Test für Einsteiger

    trendspot: Würdest du anderen raten, ebenfalls ins Gewerbe einzusteigen?

    Jasmin: Ich werde bei Twitter oft angeschrieben und um Rat für den Einstieg gefragt. Das kann ich nicht so allgemein sagen, denn wer nicht mit viel intimer Nähe und fremden Menschen klarkommt, der sollte mit Sexwork lieber nicht beginnen. Als erstes empfehle ich den Straßenbahn-Test: Setz dich in eine volle Bahn und schau die Menschen ringsum an. Könntest du mit 8 von 10 sofort ins Bett gehen? Dann kann es was werden. Aber vor der Praxis trotzdem Gedanken machen, vor allem auch was die Sicherheit angeht. Gehe zum Beispiel nicht einfach in fremde Wohnungen, sondern lieber in Hotels. Am sichersten ist es, für eine seriöse Agentur zu arbeiten.

    trendspot: Wenn du dich mit anderen Sexarbeiterinnen vergleichst, würdest du sagen du „verkaufst“ dich teurer als der Durchschnitt?

    Jasmin: Die Preise sind allgemein sehr unterschiedlich, je nachdem in welcher Region man ist und ob in der Stadt oder eher ländlich. Meine Preise sind im Mittelfeld. Es ist teurer als der durchschnittliche Bordellbesuche oder an der Straße, aber wesentlich günstiger als im Escortbereich. Ich finde die Preise angemessen. Was viele nicht wissen, ich muss meine Einnahmen genauso wie jeder andere Selbstständige voll versteuern und kann dafür aber auch Rechnungen ausstellen oder das Geld – wenn nötig – vor Gericht einklagen. Sexwork ist nicht sittenwidrig.

    Niedrige Preise – eine Warnung?

    trendspot: Wie gehst du damit um, wie billig Sex auf der Straße oder in manchen Bordellen angeboten wird? Und sprechen dich Kunden manchmal auf deine Preise an?

    Jasmin: Wenn die Preise sehr niedrig sind, dann sollte man die Finger davon lassen. Es kann sein, dass es Kolleginnen sind, die nur nebenberuflich im Sexwork arbeiten und wo das Geld zweitrangig ist. Genauso kann es sich aber um Drogenabhängige handeln oder unfreiwillige Prostitution.

    trendspot: Auf Twitter bieten manche Mädchen Sextreffen für 30-50€ und große Bilderpakete für 10€ an. Wie geht es dir damit, was fühlst du dabei? Und was würdest du diesen Mädchen mit auf den Weg geben?

    Jasmin: Ich würde fragen, warum die Preise so niedrig angesetzt sind, denn wie bei der letzten Frage schon gesagt, deutet es meistens auf problematische Hintergründe hin. Diese würde ich versuchen herauszufinden. Wenn jemand Spaß daran hat und nur symbolisch eine Bezahlung will, warum nicht. Die Nachfrage ist groß genug, dass ich keine Konkurrenz fürchten müsste. Viel wichtiger sind Zusammenhalt und Solidarität untereinander. Bilderpakete finde ich weniger bedenklich, diese kann man problemlos einmal erstellen und nahezu unbegrenzt vervielfältigen. Das relativiert den Preis.

    Carolin Annuscheit
    Carolin Annuscheit
    Slam Poetin / Horror Movie Addict / Mental Health Warrior

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